
Brooke Henderson (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)
Mit gewinnendem Lächeln
Lange, sehr lange mussten die kanadischen Golf-Fans auf den Triumph einer Landsfrau warten – jetzt wurde ihr Wunsch Wirklichkeit. Im siebten Anlauf gelang Brooke Henderson nämlich der Sieg bei ihrem Heimturnier – und eine ganze Nation verneigt sich vor dem 21-jährigen Golfsternchen. Nach einem schwierigen Sommer mit persönlichen Rückschlägen ist die bereits siebenfache LPGA Tour-Titelträgerin nun wieder mit sich und der (Golf-) Welt im Reinen und erfüllte sich mit dem Coup bei der CP Women’s Open auch einen Kindheitstraum.
- 22. Oktober 2018
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Eine Meisterschaft im eigenen Stadion zu gewinnen, vor seinen Landsleuten einen Titel zu feiern – für Sportler ist dies wohl der perfekte Glücksmoment und ein Ereignis, das man nie vergisst! Kein Wunder also, dass Brooke Henderson nach ihrem großartigen Erfolg schier aus dem Häuschen war, frenetisch bejubelt von ihren zahlreichen Fans. Vier Schläge lagen zwischen ihr und der Zweitplatzierten Angel Yin aus den USA – kein riesiger Vorsprung und doch trennten sie Welten. Denn die Zuschauer vor Ort hatten nur Augen für ihren Youngster, immerhin lag der letzte Sieg einer Kanadierin bereits 45 Jahre zurück, 1973 gewann Jocelyne Bourassa. Lediglich ein erster Platz fehlt Brooke Henderson nun noch, um mit der bislang erfolgreichsten kanadischen Golferin, Sandra Post, gleichzuziehen. Durchaus machbar, denn so jung an Jahren steht ihr nach gerade einmal vier Jahren im Profibusiness noch eine lange Karriere bevor!
Ein ganz besonderes Resultat
Für die stets zu einem Lächeln aufgelegte junge Proette bedeutete der Gewinn im Wascana Country Club in Bundesstaat Saskatchewan aber mehr als „nur“ den siebten LPGA-Titel. Denn neben den Grüns durchlebte die 1,63 kleine Athletin in diesem Sommer gleich zwei Schicksalsschläge. Am ersten Tag der U.S. Women’s Open erfuhr sie vom Tod ihres Großvaters mütterlicherseits. Sie entschied deshalb gemeinsam mit ihrer sieben Jahre älteren Schwester Brittany – die gleichzeitig ihr Caddie ist – das Turnier abzubrechen und nach Hause zur Familie zu reisen. „Die Beziehung zu unserem Großvater war etwas Besonderes. Zwischen all den Golfkursen, Fahrten auf dem Eis und unserer Liebe zur Natur gab es so viel zu lachen und so viele Erinnerungen, die für immer tief in unseren Herzen sein werden“, schrieben die Schwestern nach der Beerdigung in einem Statement. Nur vier Wochen später dann der nächste Schock – auch der Vater von Papa Dave schied aus dem Leben. „Es war ein wirklich hartes Jahr. Ich bin wirklich glücklich, diesen Sieg für meine Familie und für ganz Kanada geholt zu haben“, erklärte Henderson sichtlich bewegt auf der Pressekonferenz nach dem Turnier und hob die Bedeutung ihrer familiären Bande hervor.
Talent in die Wiege gelegt
Das Interesse am Sport entwickelte die Blondine nämlich dank ihrer Eltern. Während Vater Dave zu seiner Studienzeit als Torwart das Eishockey-Team seiner Heimatstadt unterstützte und nebenbei im Smiths Falls Golf and Country Club beim Golfen eine gute Figur machte, spielt Mutter Darlene ebenfalls gern mit der kleinen weißen Kugel. Entsprechend früh schlug Brooke gemeinsam mit ihrer Schwester Brittany auf der Driving Range ab und lernte bereits mit drei Jahren den Umgang mit dem Golfschläger. Bevor sich Henderson jedoch komplett dem Golf hingab, ging sie lange Zeit Kanadas Sportart Nummer 1 – dem Eishockey – nach. Ganz nach dem Vorbild ihres Vaters hütete sie das Tor. Mit elf Jahren entschied sie sich dann aber doch vollends für Golf und belohnte sich für ihre Entscheidung mit mehr als 50 Titeln bei Junior- und Amateurturnieren. Nach einer halben Dekade im Amateur – bereich entschied sie sich, mit der Unterstützung des Vaters und der großen Schwester den Weg zu den Professionals anzustreben. Seit Dezember 2014 trainiert Vater Dave seine jüngste Tochter in Vollzeit und auch Brittany trägt ihren Teil zum Gelingen des Unternehmens Profizirkus bei, hängte jedoch die eigenen Golfschläger, mit denen sie zuvor auf der zweitklassigen Symetra Tour abschlug, an den Nagel und agiert seitdem als Begleiterin an der Tasche. Ihre engsten Vertrauten stets bei sich zu haben, verleiht Brooke Henderson eigenen Aussagen zufolge „unglaublich viel Sicherheit“. Gern zeigt die Athletin dann die Parallelen zum Eishockey auf. „Hockey ist ein Mannschaftssportart, Golf eher individuell. Es hat mir also den Teamaspekt gelehrt und gezeigt, wie wichtig es ist, zusammenzuarbeiten. Meine Schwester ist mein Caddie, mein Vater mein Trainer, eine Menge anderer Leute, die mit mir arbeiten, stehen mir nah. Nur damit kann ich erfolgreich sein und diese Teamarbeit wurde mir vom Hockey beigebracht.“
Immer ein Lächeln auf den Lippen
Auch körperlich habe sie viel von ihrer einstigen Lieblingsbeschäftigung gelernt. „Die ganze Eishockey-Ausrüstung auf dem Eis zu tragen, hat mir physisch viel abverlangt. Deshalb kann ich meinen Schwung heute deutlich kraftvoller ausüben als viele andere auf der Tour“, erklärte die Longhitterin. Damit beschreibt Henderson genau jenen Aspekt, den Konkurrentinnen an ihr bewundern: Sie benutzt einen extra langen Driver, mit dem sie hohe Geschwindigkeiten erzeugen und so enorme Weiten erzielen kann. Ein Vorteil, den die junge Proette oft zu ihren Gunsten nutzt. Dazu gesellt sich ein ausgeprägtes Wettbewerbsdenken, das ihr den Spitznamen „The smiling Assasin“ (deutsch: die lächelnde Angreiferin) einbrachte. Denn, während andere eher verbissen über den Platz laufen und niedrigen Scores entgegenfiebern, scherzt das Ausnahmetalent trotz des aggressiven Spiels immer wieder gern und führt sowohl mit Fans als auch mit Kontrahentinnen Smalltalk. „Ich glaube schon, dass ich auf dem Kurs sehr konzentriert und hart zu Werke gehe. Aber ich möchte ebenso vermitteln, dass man fröhlich und glücklich sein kann und dennoch wirklich gut, in dem was man tut.“ Kein Wunder, dass sich die junge Kanadierin allseits großer Beliebtheit erfreut und für ihre Glanzleistungen reichlich Lob kassiert. So prognostizierte etwa World Golf Hall of Fame-Mitglied Annika Sörenstam, die zu den erfolgreichsten Golferinnen überhaupt zählt, Henderson eine rosige Zukunft. „Wenn das so weitergeht, wird sie bald eine der besten der Welt sein“, betonte die Schwedin in einem Interview.
Ihrer Zeit voraus
Auf dem besten Weg dahin ist sie ja bereits. In ihrer kurzen Zeit bei den Professionals verbuchte Henderson bereits zahlreiche Top-Resultate – auch dank der Konzentration auf die richtige Kombination in ihrem Spiel. Während sie als Kind immer dachte, Sinn des Spiels sei es, den Ball so schnell wie möglich im Loch zu versenken, arbeitete sie später akribisch an ihrer Taktik und setzt seit 2015 auf einen aggressiven Abschlag in Verbindung mit einem sicheren Kurzspiel. Gleich in ihrer ersten Saison feierte sie bei der Cambia Portland Classic mit diesem Konzept ihren ersten Profi-Sieg. Das Regelwerk der US-amerikanischen Profiliga schmälerte die Jubelstürme aber zunächst. Denn obwohl normalerweise ein Gewinn auf der LPGA Tour die komplette Spielberechtigung für die Saison sichert, galt dies für Henderson nicht. Mit ihren damals 17 Jahren, elf Monaten und sechs Tagen war sie zu jung für die volle Tourkarte. LPGA Organisator Michael Whan legte ob der Kürze zur Vollendung des nötigen 18. Lebensjahres und der besonderen Leistungen die Alters – bestimmung jedoch kurzerhand ad acta und erhob sie zum LPGA-Mitglied. Die Newcomerin wusste mit den Vorschusslorbeeren umzugehen und beendete ihre Rookie-Saison auf einem phänomenalen 17. Platz der Weltrangliste. 2016 erfüllte sich für Henderson der nächste Traum: Sie gewann ihr erstes Major. Bei der KMPG Women’s PGA Championship setzte sie sich gegen die topfavorisierte damalige Weltranglistenerste Lydia Ko aus Neuseeland am ersten Extraloch im Playoff durch. Was für ein Karrierestart! Als jüngste Siegerin des Turniers glückte ihr der Sprung auf Platz 2 der Weltrangliste – noch nie zuvor war dies einer Golferin ihres Landes gelungen. Bis heute folgten fünf weitere Titel auf der LPGA Tour, ein siebter Platz bei den Olympischen Spielen in Rio 2016 sowie die zweifache Auszeichnung zur kanadischen Sportlerin des Jahres. Eine Bilanz, die sich mit 21 mehr als sehen lassen kann und die Anlass zu der Vermutung gibt, dass wir auch in Zukunft noch viel von Brooke Henderson hören werden.