
Bubba Watson (Foto: Andrew Redington/Getty Images)
Bubba Watson (Foto: Andrew Redington/Getty Images)
Als Bubba Watson als Sechsjähriger zum ersten Mal einen Golfschläger in die Hand nahm, ihm sein Vater Gerry ein paar Grundlagen zeigte und sich der Jungspund schließlich entschloss, das Spiel mit der kleinen weißen Kugel weiter zu verfolgen, ahnte noch keiner, dass er einmal zu den Besten der Sportart gehören würde. Aber schon während seiner College- und Studienzeit wurde deutlich, dass der ehrgeizige junge Mann aus Bagdad in Florida, der stets so akribisch an seiner Technik feilte, große Ziele hatte – wohl – gemerkt ohne jemals die Hilfe eines Golflehrers in Anspruch zu nehmen! „Ich wollte immer mindestens zehn Siege auf der PGA Tour erzielen“, erklärte Gerry Lester Watson Jr., wie er mit gebürtigem Namen heißt, kürzlich rückblickend. Bis einschließlich der Saison 2016 ging seine Rechnung auch tadellos auf, er sammelte insgesamt neun Titel, darunter zwei Major – Masters 2012 und 2014. Umso schwerer wog deshalb das 14. Jahr seiner Profikarriere, in dem er auch aufgrund einiger Verletzungen nicht mehr zu seinen Top- Leistungen zurückfand. 2017 verpasste er bei drei von vier Major-Turnieren den Cut, lediglich bei der Tour Championship landete er mit T27 noch im oberen Mittelfeld. Von seinem Vorhaben, die zehn Coups auf der USamerikanischen Profiliga perfekt zu machen, war „Bubba“, wie ihn sein Vater in Anlehnung an den einstigen NFL-Star Bubba Smith nannte, aber so weit entfernt wie nie zuvor.
Die lediglich vier Top-Ten-Ergebnisse in 2017 entsprachen überhaupt nicht den Vorstellungen des zweifachen Familienvaters, der daraufhin mehrmals mit seiner Frau Angie darüber sprach, ob Aufhören nicht die bessere Lösung wäre. „Man weiß nie, ob man wieder gut spielen wird, und man weiß nie, ob man wieder einen Pokal gewinnen wird. Ich dachte also darüber nach, in den Ruhestand zu treten, und erwähnte das zehn, zwölf Mal gegenüber meiner Frau. Ich war körperlich einfach nicht bereit, weiter zu spielen“, erklärte der dreimalige Ryder-Cup-Teilnehmer, der ob seiner Erfolglosigkeit aus den Top 100 der Weltrangliste rutschte. Auf die Frage, was genau mit seinem Spiel passiert sei, antwortete Watson mehrfach schlicht: „Das Leben“. Einerseits versuche er ein guter Golfer zu sein, andererseits auch ein guter Vater und Ehemann. Entsprechend gehe es in seinem Leben lange nicht mehr nur um Golf. „Mein Fokus hat sich geändert. Meine Ehefrau Angie und ich versuchen, den Kindern das Gefühl zu geben, dass sie für uns das Wichtigste im Leben sind“, betonte der Familienmensch. Erschwerend kam hinzu, dass er eine ähnliche Durststrecke bereits nach seinem ersten Erfolg in Augusta durchmachte. Auch damals musste er 22 Monate auf seinen nächsten Coup warten – bevor er dann 2014 zunächst den Sieg bei der Northern Trust Open feierte und anschließend seinen Triumph an der Magnolia Lane wiederholte. Watson entschied sich nun aber letztlich gegen das Karriere – ende und für einen radikalen Neuanfang. In der Folge testete er reihenweise neues Equipment – entgegen der Routine vieler anderer Professionals hatte er in all seinen Profijahren bis dahin nie seinen Putter gewechselt. Zudem verabschiedete er sich von eingefahrenen Trainingsroutinen, probierte neue Methoden aus und arbeitete insbesondere an seinem kurzen Spiel. Einzig von seinem Hang zu außergewöhnliches Details wollte sich der Linkshänder partout nicht verabschieden: Auch in Zukunft will der gläubige Christ nicht auf seinen pinkfarbenen Driver verzichten und weiterhin hoch zugeknöpft (er schließt stets auch den letzten Knopf seiner Poloshirts) abschlagen. Das Konzept ging tatsächlich auf: Watsons Leistungen explodierten förmlich!
Bei der Genesis Open im Februar 2018 demonstrierte der 1,91 Meter Hüne seine neuen Fähigkeiten par excellence. Mit zwei Schlägen Vorsprung verwies er seine Landsmänner Kevin Na und Tony Finau auf den geteilten zweiten Rang und zeigte sich bei der Übergabe der Silbertrophäe ganz seinem Naturell entsprechend höchst emotional. „Es ist einfach unfassbar. Das Turnier zweimal zu gewinnen, war schon erstaunlich. In diesem Jahr auf den Backnine die Chance zu haben, es wieder zu tun und es dann auch noch zu schaffen, das ist etwas ganz Besonderes“, bilanzierte der einzige Sohn von Gerry und Molly Marie unter Tränen und mit Blick auf eines seiner Lieblingsturniere, das er bereits 2014 und 2016 (seinerzeit unter dem Label Northern Trust Open) für sich entschied. „Mein Ziel war es immer, zehn Siege zu erreichen – und jetzt gehen mir so viele Emotionen durch den Kopf “, offenbarte der Longhitter und sprach erstmals öffentlich über seine Rücktrittsgedanken. Seinem beeindruckenden Comeback verlieh Watson noch mehr Gewicht, als er bei der WGC-Mexiko Championship die Top Ten enterte und danach das WGC-Dell Technologies Match Play nach einer lupenreinen Vorstellung mit 7&6 gegen Kevin Kisner gewann. Er ließ dabei seinem Landsmann nicht den Hauch einer Chance und deklassierte ihn mit dem bisher höchsten registrierten Finaltriumph der WGC-Serie.
Obwohl Watson nie aufhörte, an seinem Spiel zu feilen, gab er rückblickend zu, dass er schon heftig an sich und seinen Möglichkeiten zweifelte. „Vor sieben Monaten habe ich nicht daran geglaubt, dass ich nochmal in der Form sein werde, um einen Turniererfolg geschweige denn um einen Major-Sieg mitzuspielen. Mein Team und die Zuschauer haben mir geholfen, aus diesem dunklen Ort herauszukommen“, betonte er in einem Interview mit US-Medien. „Nun stehen das Leben und der Golfsport wieder an der richtigen Stelle.“ Der aktuelle Weltranglisten-19. ergänzte, dass Golf eigentlich sehr einfach sei, solange man sich dem Sport hingebe. Mehr als kompliziert sei es hingegen, wenn man zu viel nachdenke. Dass Watson zu seiner alten Form zurückfand und sogar noch stabiler als zu seinen besten Zeiten wirkt, ist ob der Erfolge der vergangenen Wochen unbestritten. Das erste Major der Saison schloss er auf T5, drei Runden blieb er unter dem Platzstandard (69 / 68 / 69). Lediglich in der Eröffnungsrunde des Masters 2018 verpasste er diesen und notierte eine +1/73. Ansonsten war es eine souveräne Vorstellung des zweifachen Titelträgers von Augusta. Alles was jetzt noch kommt, ist Zugabe – und die kann Bubba Watson mit seinem zurückgewonnenen Selbstbewusstsein nun einfach genießen.