
Inbee Park (Foto: David Cannon/Getty Images)
INBEE-lievable!
Seit mehr als einem Jahrzehnt ist Inbee Park eine der besten Golferinnen der Welt. Neben 18 Titeln auf der LPGA Tour zählen auch die Olympische Goldmedaille, ein Karriere Grand Slam und die Berufung in die LPGA Hall of Fame zur unglaublichen sportlichen Bilanz der erst 29-Jährigen. Doch – wie so oft im Leben – der Erfolg hatte auch bei der Südkoreanerin durchaus seinen Preis.
- 2. September 2017
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Es war der 6. Juli 1998, ein Montag, der das Leben einer Zehnjährigen schlagartig veränderte. Mitten in der Nacht wachte Inbee Park ob der Jubelstürme ihrer Eltern auf. Vor dem Fernseher feierten ihre Mutter Sung Kim und ihr Vater Gun Gyu den zweiten Majorsieg der südkoreanischen Golfikone Se Ri Pak, die sich in einem spannenden Play-off bei der U.S. Women’s Open gegen die damalige US-Amateurin Jenny Chuasiriporn durchsetzte. Für die Tochter war dies offen-sichtlich ein so einschneidendes Erlebnis, dass das in Seoul ge-borene Mädchen tags darauf das erste Mal einen Golfschläger in die Hand nahm. Zunächst schlug ihr viel Skepsis entgegen, ihr damaliger Trainer stempelte sie gar als Spätzünderin ab und machte ihr wenig Hoffnung auf eine Profikarriere. Doch Inbee Park belehrte ihn eines Besseren und zwei Jahre später zog sie gemeinsam mit ihrer Schwester Inah und ihrer Mutter in die USA – mit dem klaren Ziel, eines Tages ihren Lebensunterhalt mit Golf zu bestreiten.
Eifer, Ehrgeiz und Erfolg
Während der Vater in Asien blieb, um die Geschäfte seines auf Verpackungen spezialisierten Unternehmens fortzuführen, begann Inbee Park in Mount Dora, Florida, gemeinsam mit ihrer jüngeren Schwester an einer Golfakademie für Südkorea-ner akribisch an ihrem Spiel zu feilen. Bereits als Juniorin ge-wann sie neun Turniere der American Junior Golf Association (AJGA). Als das 1,68 Meter große Energiebündel mit 15 Jahren auf Einladung eines Sponsors erstmals bei einem Major, der Kraft Nabisco Championship (heute ANA Inspiration) aufteete, wurde deutlich: Diese junge Dame will hoch hinaus, unterstrich sie mit dem gemeisterten Cut doch gleich ihre Ambitionen! 2006 beendete Inbee ihre Schulzeit an der Bishop Gorman High School und sorgte mit einer ungewöhnlichen Anfrage für Aufsehen in der Golfcommunity. Öffentlich bat sie die US-ame-rikanische Profiliga LPGA um Erlaubnis, sich bereits mit ihren 17 Jahren für die Tour qualifizieren zu dürfen. Die Regeln der Organisation sehen eine Teilnahme aber erst ab 18 Jahren vor, weshalb die LPGA ihr Ansinnen ablehnte. Glücklicherweise setzte wenig später die Duramed Futures Tour, die heutige Symetra Tour, ihr Eintrittsalter auf 17 Jahre herab und so schlug die Asiatin fortan auf der offiziellen „Entwicklungstour“ der LPGA ab. Dort demonstrierte sie mit elf Top-Ten-Platzierungen ihr Können und ihr Talent, beendete die Saison auf dem 3. Platz der Geldrangliste und sicherte sich für 2007 die begehrte Tourkarte für die erste Liga.
Erst Highlight, dann Durststrecke
Gleich in den ersten Jahren stellte Inbee Park unter Beweis, dass sie vor allem beim Putten enorm von ihrer liebsten Freizeit -beschäftigung, dem Klavierspielen, profitierte. Ließ sie dank ihres Fingerspitzengefühls doch kaum eine Chance beim letzten Schlag aus. Nach zwei Top 5-Ergebnissen in 2007 – bei der U.S. Women’s Open sowie der Safeway Classic – glückte Park in der darauffolgenden Saison der erste große Coup. Im Interlachen Country Club feierte sie ihren ersten LPGA-Tour-Titel und das gleich bei der U.S. Women’s Open! Mit 19 Jahren ging sie damit als jüngste Spielerin mit einem Erfolg bei den Prestigeturnieren der Damen in die Golf-Annalen ein. Der Anfang war gemacht. Danach musste die inzwischen in Murrieta, Kalifornien lebende Proette jedoch bis zur Evian Masters 2012, einem Turnier der Ladies European Tour, auf ihren nächsten Sieg warten. Im gleichen Jahr manifestierte Park auch ihre Position auf der LPGA Tour mit einem weiteren Titel bei der Sime Darby LPGA Malaysia – sowie zehn Top 3-Er-gebnissen bei insgesamt 23 Wettkämpfen. Als Führende der Geldrangliste strich sie zudem als fünfte Frau in der Geschichte der US-amerikanischen Profiliga während einer Spielzeit mehr als zwei Millionen US-Dollar an Preisgeld ein. Dieser überaus positive Trend setzte sich auch in 2013, dem bis dato erfolg-reichsten Jahr ihrer Karriere, fort. Neben ihrem vierten LPGA-Triumph bei der Honda LPGA Thailand folgte nämlich eine Machtdemonstration, die ihresgleichen sucht.

Den Gewinn der U.S. Women’s Open 2008 feierte Inbee Park ausgiebig mit ihrer Landsfrau Ji Young Oh. (Foto: Scott Halleran/Getty Images)
Die Saison ihres Lebens
Zunächst besiegte Park im April ihre Landsfrau So Yeon Ryu bei der Kraft Nabisco Championship, strich ihren zweiten Major-Titel ein und übernahm damit die Weltranglistenführung. Nach einem weiteren Erfolg beim North Texas LPGA Shootout behielt die Absolventin der Kwangwoon University in Seoul im Juni erneut die Nerven, setzte sich im Stechen am dritten Extraloch durch, triumphierte bei der LPGA Championship und holte sich Major Nummer 3. Dass Park nach einem weiteren 1. Platz bei der Walmart NW Arkansas Championship dann auch das dritte Großevent der Saison, die U.S. Women’s Open, gewann, verlieh ihr endgültig den Status „Ausnahmeathletin“. Doch von den Superlativen der Medien wollte sie nichts wissen. Sie blieb bodenständig, was ihr zahlreiche Kolleginnen noch heute zugu-tehalten: „Sie hat sich in dieser Zeit nie verändert, hat sich nicht so verhalten wie ‚Seht her, ich bin die neue Nr. 1 der Welt, habe Großartiges geleistet‘. Inbee ist immer sie selbst geblieben, das macht sie einfach wahnsinnig sympathisch“, betonte beispiels-weise die heutige Weltranglistenführende und enge Freundin So Yeon Ryu. Dabei hätte Park allen Grund dazu gehabt, aufgrund ihrer phänomenalen Leistungen abzuheben. War es bis dato doch nur US-Star Mildred Ella „Babe“ Didrikson Zaharias im Jahr 1950 gelungen, drei aufeinanderfolgende Majors für sich zu entscheiden. Park selbst erklärte seinerzeit jedoch etwas verwundert über ihre große Tat: „Ich fühle mich geehrt, meinen Namen neben dieser Golflegende zu lesen. Ich weiß nicht, was ich heute getan habe, es ist einfach großartig. Aber es macht mir ein wenig Angst zu sehen, zu was ich fähig bin.“
Zu viel der Ehre
Doch der Erfolg hatte auch seine Kehrseiten. Auf einem der Höhepunkte ihrer Golfkarriere fühlte sich Inbee Park nämlich vom wachsenden Interesse der Öffentlichkeit immer mehr ein-geengt. „Ich werde inzwischen in Südkorea auf der Straße erkannt, der Druck und die Erwartungen wachsen mit“, betonte sie vor den British Open 2013 in St. Andrews, bei denen sie die Chance hatte, auch das vierte Major des Jahres für sich zu entscheiden und damit Historisches zu vollbringen – einen lu-penreinen Grand Slam! Doch es kam anders! Die damals 25-Jährige beendete das Turnier auf T42. Eigentlich eine herbe Enttäuschung, doch die inzwischen neunfache LPGA-Tour-Titelträgerin grämte sich nicht lang, erklärte viel mehr, sie fühle sich befreit und sei froh, dass endlich wieder eine andere ganz oben auf dem Treppchen stünde. „Ich habe etwas erlebt, das so riesig ist. Doch bei den British Open war der Druck so groß, dass ich mich nicht mehr wohlgefühlt habe“, ließ sie später tief in ihr Seelenleben blicken. Park war auch nach dieser vertanen Chance offensichtlich mit sich und der Welt im Reinen. „Ich bin dankbar für alles, was ich erreicht habe. Ich will einfach nur Spaß beim Golfen haben!“

Gi Hyeob Nam weicht als Ehemann und Schwungtrainer nicht von Parks Seite. (Foto: Scott Halleran/Getty Images)
Privates Glück
In dieser überaus erfolgreichen und gleichzeitig belastenden Zeit – 2014 folgten zwei weitere LPGA-Titel, ein Sieg auf der Ladies European Tour sowie ihr fünfter Major-Triumph bei der Wegman LPGA Championship – offenbarte Park jedoch auch, dass ihre beruflichen und privaten Interessen nicht voneinander zu trennen sind. Im Oktober 2014 heiratete sie ihren Landsmann Gi Hyeob Nam, der gleichzeitig auch ihr Schwungtrainer ist, und feierte diesen persönlichen Moment gemeinsam mit zahlreichen LPGA-Kolleginnen. Neben ihrer Schwester Inah entschied sich Park für ihre drei International Crown-Kolleginnen So Yeon Ryu, Na Yeon Choi und I.K. Kim als Brautjungfern. An der emo-tionalen Zeremonie, die erst im traditionellen koreanischen Gewand und anschließend in Weiß abgehalten wurde, nahmen zudem die Schwedin Anna Nordqvist, Suzann Pettersen aus Norwegen sowie die beiden Spanierinnen Belén Mozo und Azahara Muñoz teil. Dass Inbee Park in Gi Hyeob Nam einen Verbündeten auf und neben den Grüns fand, betont sie oft, schreibt sie ihrem Ehemann doch einen Großteil ihres Erfolges zu. Beflügelt vom Glück in der Liebe setzte sie 2015 trotz des Verlustes der Spitzenposition in der Weltrangliste ihre positive Bilanz fort. Mit den LPGA-Titeln 13 bis 17 untermauer-te sie einmal mehr ihre Klasse, und überzeugte zudem mit zwei weiteren absoluten Meilensteinen. War sie 2013 noch die absolu-te Topfavoritin bei den British Open, sicherte sie sich nun befreit aufspielend zwei Jahre später den Prestigetitel und machte damit als erst siebter Golfsportler überhaupt den sogenannten Karriere Grand Slam perfekt. Diese Ehre wurde ihr zuteil, weil sie bei allen vier Majors – ANA Inspiration, LPGA Championship, U.S. Women’s Open und British Open – mindestens einmal gewann. Am Ende des Jahres fuhr Park zudem die Vare Trophy für den niedrigsten Durchschnittsscore ein und durchbrach da-mit die Punkte-Schallmauer für eine Berufung in die LPGA Hall of Fame, deren Mitglied sie 2016 dann auch wurde – mit 27 Jah-ren und als jüngste Spielerin aller Zeiten. Einfach unglaublich!
Herber Rückschlag
So hätte es aus Sicht ihrer großen Fanschar weitergehen können. Doch die Spitzensportlerin musste die Jagd nach weiteren Superlativen erst einmal aufgeben. Aufgrund einer langwierigen Verletzung am linken Daumen pausierte Park über ein halbes Jahr, sagte reihenweise Turniere ab und zog sich komplett aus der Öffentlichkeit zurück. Experten sprachen bereits davon, dass die ehemalige Weltranglistenerste nicht auf die internatio-nale Golfbühne zurückkehre. Aber wieder einmal bewies die enorm ehrgeizige Sportlerin eindrucksvoll das Gegenteil! Und wie! Im August 2016 gewann sie nämlich trotz fehlender Spiel-praxis souverän mit fünf Schlägen Vorsprung bei der Neuaufla-ge des Golfwettbewerbs bei Olympia in Rio de Janeiro die Goldmedaille! Was ihr dieser Titel bedeutete, vermochte Park nicht in Worte zu fassen. Dass die Hundeliebhaberin jedoch ihrem neuesten, vierbeinigen Familienmitglied den Namen „Rio“ gab, sprach Bände. Kurz darauf ging der Leidensweg der damals 28-Jährigen jedoch weiter. Die Probleme im Daumen machten ihr erneut zu schaffen, sodass die Ärzte eine weitere Zwangs-pause verordneten. Infolge des Trainingsverbotes reiste Park oft in ihre Heimat und unternahm dabei mehrmals einen Abstecher in die Firma ihres Vaters. Dort bewahrt Gun Gyu nämlich in zahlreichen Vitrinen alle Trophäen seiner Tochter auf – von den Silberschalen der Junioren-Turnieren bis hin zur Olympischen Goldmedaille. „Ich stand vor diesen Schränken und sagte mir, dass ich all diese Erfolge beiseiteschieben und neu anfangen muss. Denn ohne diese Titel im Hinterkopf kann ich endlich wieder wertschätzen, was ich erreiche. Egal ob es ein Top 25-Er-gebnis oder ein Sieg ist. Ich fange jetzt an, meine Karriere neu zu schreiben“, erklärte eine sichtliche bewegte Park.
Golf ist nicht mehr alles
Es war der 5. März 2017, ein Sonntag, an dem sich Inbee Park eindrucksvoll zurückmeldete. Bei ihrem zweiten Turnier nach langer Abstinenz vom Profigolf entfachte die Golfikone direkt wieder Jubelstürme. Denn mit einer 64er-Rekordrunde zum Abschluss entschied Park die HSBC Women’s Championship für sich. Es war ihr 18. Titel auf der LPGA Tour – und einer ihrer wichtigsten. „Eine Zeit lang dachte ich, dass ich mit Golf aufhören müsste, um keinen Stress mehr zu haben, aber das stimmt nicht. Man muss sich einfach nur Zeit nehmen, auch mal etwas anderes zu machen“, erklärte sie rückblickend. Diese Ausgeglichenheit rührt nicht von irgendwo her. Park lernte, sich den Druck von außen zum Freund zu machen und das zu tun, was für sie wesentlich ist. Sie lebt zwar den Golfsport, lässt ihr Leben aber nicht mehr von Golf bestimmen. Nach ihrem Sieg erklärte sie deshalb auch, der Familienplanung offen gegenüber-zustehen. „Und das ist wahrscheinlich meine Priorität für die nächsten paar Jahre.“
Als derzeitige Nummer 9 der Welt scheint sie sich nun in ihrer erfolgsverwöhnten Haut deutlich wohler zu fühlen, als zu der Zeit als von allen gejagte Weltranglistenerste. Wer will es ihr verdenken?! Mit ihren 29 Jahren hat Inbee Park schier Unglaubliches geleistet und im Golfsport erreicht, wovon andere ein Leben lang nur träumen.