
Shubhankar Sharma (Foto: CHANDAN KHANNA/AFP/Getty Images)
Shubhankar Sharma (Foto: CHANDAN KHANNA/AFP/Getty Images)
Als sich Shubhankar Sharma vor seinem Tee-off in Runde 3 gemeinsam mit seinem Caddie in Richtung Übungsgrün begab, entdeckte er dort Phil Mickelson, der seinen Putter warm spielte. Wohlerzogen, wie er ist, wollte er sein Idol höflich begrüßen und ging auf den Älteren zu. Doch dieser hielt ihn für einen Pressevertreter und winkte ab: „Jetzt nicht, bitte später!“ Es dauerte allerdings nur einen Moment und er bemerkte seinen Fauxpas. Der 5-fache Majorsieger entschuldigte sich rasch und wünschte dem immerhin Führenden des aktuellen Leaderboards alles Gute für die Runde. So kanns gehen! Sharma nahm es mit Humor, twitterte ein Video und freute sich über die kleine Anekdote.
Bis zu seinem siebten Lebensjahr hatte Shubhankar Sharma vom Golfsport noch nicht viel gehört. Doch dann kam es zu einer Begegnung, die sein Leben grundlegend verändern sollte. Sein Vater Mohan diente damals als Colonel bei der indischen Armee und war in der gleichen Einheit stationiert wie der Mediziner Dr. Tushar Lahiri. Dieser erzählte mit großer Begeisterung von seinem golfenden Sohn Anirban, damals 16 Jahre alt und bereits ein Top-Juniorenspieler. Dr. Lahiri empfahl den Eltern Sharma, ihren Sohn ebenfalls an die Sportart heranzuführen. Also kaufte Mohan Sharma einen Satz Schläger und nahm den Sprössling mit auf die Anlage. Der fand gleich großen Spaß am Umgang mit dem kleinen, weißen Ball und erhielt deshalb zwei Monate später seinen ersten eigenen Schläger, ein Eisen-2. Fortan war Shubhankar mit dem Golfvirus infiziert, verbrachte jede freie Minute auf dem Platz und beschäftigte sich auch in seiner Freizeit mit den Größen dieses Sports. Wann immer die bedeutenden, internationalen Turniere live übertragen wurden, saß der Teenager vor dem Bildschirm und fieberte mit. So auch 2010, als Phil Mickelson in einer hochdramatischen Finalrunde seinen dritten Titel beim legendären Masters holte, mit drei Schlägen vor dem Engländer Lee Westwood. Oder ein Jahr später beim U.S. Open-Sieg von Rory McIlroy. Der damals 14-jährige Shubhankar harrte bis sechs Uhr morgens indischer Zeit völlig gebannt vor dem Fernseher aus, bis der Nordire endlich seinen letzten Putt versenkte, und eilte anschließend sofort auf die Driving Range um zu trainieren!
Für Furore sorgte Sharma selbst erstmals im Alter von 16 Jahren. Er gewann 2013 die All India Amateur Championship und führte danach als Nummer 1 die indische Junioren – rangliste an. Bei so viel Talent lag die Entscheidung, Profi zu werden, nahe. Sein Weg führte ihn zunächst auf die Asian Development Tour, zwei Jahre später auf die höherklassige Asian Tour, die Spielberechtigung sicherte er sich über die Qualifying School. In der vergangenen Saison bestritt er erstmals co-sanktionierte Events der European Tour – mit Erfolg! Den ersten Titel feierte Sharma bei der Joburg Open in Südafrika und durfte sich quasi als Sahnehäubchen über die damit verbundene Einladung zur British Open, dem ältesten Major-Turnier der Welt, freuen. Im Februar 2018 folgte dann sein nächster Coup, nämlich in Malaysia bei der Maybank Championship. Seitdem führt er die Race to Dubai Rangliste der European Tour an und die Platzierung als einer der zehn Besten dieser Wertung bescherte ihm den Startplatz bei der WGC-Mexico Championship! Außerdem beförderten ihn die beiden Titelgewinne erstmals in seiner Karriere in die Top 100 der Weltrangliste. Stand er Ende 2017 noch auf Rang 202, wird er aktuell auf Position 66 geführt. Auch wenn es in Mexiko (noch) nicht für die ganz große Sensation reichte, seine Top Ten-Platzierung auf T9 beweist auf jeden Fall seine Klasse – mit Shubhankar Sharma darf man in Zukunft deshalb noch öfter rechnen, Gesundheit vorausgesetzt.
Auf die Frage, warum er auf dem Platz stets so gelassen wirke, erklärte das neue Ausnahmetalent, seine Mutter Neena habe ihn schon als Kind dazu angehalten, sich in Meditation und Atemkontrolle zu üben und das hülfe ihm nun ungemein. Freuen wir uns also darauf, den jungen Mann im Juli in Carnoustie abschlagen zu sehen. Phil Mickelson wird sich sicher ebenfalls freuen, ihn dort wieder zu treffen, oder?!